Über die Anfänge der ITM

von Don Weed, Begründer der Interactive Teaching Method

Die Idee für die Interactive Teaching Method entstand in der Bibliothek von Marjorie Barstows Haus in Lincoln, Nebraska, wo ich über viele Jahre immer wieder die Ehre hatte zu wohnen. Obwohl unsere Ausbildung bei Marj und der Unterricht mit ihr von unschätzbarem Wert waren, war ich schon damals der Meinung, dass der wichtigste Teil meiner Ausbildung in dieser Bibliothek – in angeregter Unterhaltung über die Arbeit – stattfand. Sehr oft nahmen wir dabei eines von Alexanders Büchern aus dem Regal und widmeten uns Zeile für Zeile, Wort für Wort, seinen Ideen. Wir erörterten diese Ideen und versuchten, daraus praktische Schlüsse für unseren Unterricht zu ziehen.

Irgendwann, ca. 1980, sagte Marj zu mir: “Jemand muss einen Weg finden, diese Leute zum Denken zu bewegen.” Ich war erleichtert, denn ich hatte erst kürzlich einen Kurs mit genau diesem Ziel entworfen, den ich an der Washington University halten sollte. Der Kurs bestand aus einer Mischung aus erfahrungsorientierter und textbasierter Arbeit, mit der ich 1973 begonnen hatte. Damals entschuldigte ich mich oft bei meinen Studenten für diesen starken Fokus auf die Ideen in Alexanders Texten. Als Grund dafür nannte ich die akademischen Anforderungen der Universitätskurse. Erst als ich merkte, dass die Studenten in meinen Kursen schnellere und größere Fortschritte machten als meine anderen Schüler, begann ich, meine Meinung zu überdenken.

Heute frage ich mich, warum ich damals so überrascht war. Schließlich ist von Alexander der Satz bekannt, dass seine Arbeit “eine Übung darin [sei] herauszufinden, was Denken wirklich ist.” Und von Sir George Trevelyan stammt das Zitat: “Die Arbeit als Ganzes ist eine mentale Leistung, sie ist keine physische Sache.” Alexander schrieb in seinem zweiten Buch, dass der Hauptgrund für die Schwierigkeiten, die ein Schüler hat, dessen fixe Ideen und Konzepte seien. Ich fragte mich: “Wenn der Hauptgrund für die Schwierigkeiten meiner Schüler in der Art liegt, wie sie denken, wieviel Unterrichtszeit sollte dann dem Training ihres Denkens gewidmet sein?”

Zu dieser Zeit befand ich mich mitten in meiner Ausbildung als Chiropraktiker. Was ich dort lernte, war im Curriculum der allermeisten Ausbildungskurse für Alexandertechnik nicht vorhanden. Es herrschte sogar immer noch die Meinung vor, dass anatomisches und physiologisches Wissen für der Leistung eines Alexandertechniklehrers eher abträglich sei. Auf mich jedoch hatte die Konfrontation mit diesem Wissen eine befreiende und erhellende Wirkung. Und was noch wichtiger ist: Meine Arbeit als Arzt öffnete mir die Augen für die klinische Realität, dass wir Menschen nach einem guten Plan konstruiert sind.

Ich bin nicht überzeugt von dem Konzept, dass Ärzte heilen. Es scheint mir viel eher so, dass wir die Rolle von Helfern innehaben, die darauf hinwirken, störende Einflüsse zu beseitigen oder zu mindern, um dann den Heilungskräften freien Lauf zu lassen. Im Laufe der Jahre hat dieser Prozess immer wieder und ohne Ausnahmen funktioniert, selbst bei Säuglingen und kleineren Tieren, was Suggestion oder Placebowirkung wohl sehr unwahrscheinlich macht. Dies hat meine Überzeugung gefestigt, dass wir nach einem guten Plan konstruiert sind.

Als ich mit diesen sich entwickelnden Ideen im Kopf Alexandertechnik unterrichtete, fielen mir immer mehr interessante Phänomene auf. Anders als zumeist im Alexandertechnikunterricht wurden die Schüler oft nicht körperlich länger; sie begannen vielmehr zu ‘schmelzen’, d.h., sie verloren die Spannung, mit der sie versuchten, sich ordnungsgemäß aufrecht zu halten. Ich denke, es sagt einiges über meine vorausgegangene Indoktrination aus, dass ich Jahre brauchte, um diese Phänomene als etwas anderes als Fehler meinerseits zu sehen. Ein Längerwerden des Körpers schien mir damals das eindeutig “alexandergemäßere” Ziel zu sein, das es zu erreichen galt.

Das “Schmelzen” jedoch geschah weiterhin. Meine Schüler änderten ihre Ziele, weg von einem körperlichen Längerwerden und hin zu mehr Flexibilität sowohl im Denken als auch in Bewegung. Damit hatten sie immer mehr Erfolg, was ihr Selbstvertrauen förderte. Langsam dämmerte mir, dass die Manipulation mit den Händen im Alexandertechnikunterricht dem ärztlichen Hinwirken auf die Beseitung störender Einflüsse entsprach. Indem man die Hände benutzte, um die Effekte dieser störenden Einflüsse zu mindern, gab man dem System die Möglichkeit sich frei zu entfalten. Oder, wie Alexander sagte: “Wenn Du aufhörst, das Falsche zu tun, wird das Richtige von selbst getan.”

Dieser doppelte Fokus auf dem Training des Denkens und dem ‘guten Plan’ führte dazu, dass ich meine Herangehensweise auch in anderen Punkten änderte. Ein intensives Studium von Alexanders Texten brachte mir die zentrale Rolle näher, die in seiner Arbeit dem Verstand zukommt.

Ein Vergleich von Alexanders Arbeit mit aktuellen Texten auf dem Gebiet des Erfolgstrainings zeigte mir, dass Alexander auch hier ein Pionier gewesen war. Von Edward Demmings, einem Spezialisten im Bereich Systemoptimierung, stammt der Satz, dass die Produktivität eines Systems durch die Annahmen begrenzt ist, auf denen es basiert. Möchte man die Produktivität eines Systems dramatisch verändern, so muss man die dahinter liegenden Annahmen verändern. Diese Idee trifft nicht nur auf die Leistungsfähigkeit des einzelnen Schülers, der einzelnen Schülerin, zu, sondern bewahrheitet sich meiner Meinung nach auch in der Lehrerausbildung und im Verstehen von Alexanders Arbeit an sich.

In seinem letzten Buch hielt Alexander es für angebracht uns daran zu erinnern, dass Unterricht von einem erfahrenen Lehrer nicht unbedingt nötig war, um seine Arbeit zu erlernen, falls man sie “solange studieren würde, wie [er] es getan hatte.” Mit der Zeit kam mir der Gedanke, dass dies vielleicht die besser geeigneten Annahmen waren, um darauf ein System für den Unterricht in Alexanders Arbeit basieren zu lassen. Ein solches System würde die in allen Schülern vorhandenen Kräfte des Verstandes und der Kreativität ansprechen, anstatt von ihnen zu verlangen, vorgefertigte und auf zweifelhaften Annahmen basierende Reaktionsmuster zu lernen.

Und so scheint es mir, dass für das Erlernen von Alexanders Arbeit und die Lehrerausbildung zumindest zwei unterschiedliche Traditionen existieren. Die ITM folgt dabei der älteren dieser beiden Traditionen, derjenigen, auf der die Arbeit begründet wurde und die von A.R. Alexander und Marjorie Barstow weiter geführt wurde.

Die Interaktive Unterrichtsmethode für den Unterricht in Alexandertechnik ist eine großartige Erfahrung und ein aufregendes Abenteuer. Wir hoffen, Ihr macht mit.